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<<…kurz nach seinem Tod kam eine sonderbare Gestalt zu einem Mann, der in der Klinge Holz schlug…>>

(Sage)

Die falsche Klinge

Damit Sie sich ein Bild von unseren Geschichten machen können, zeigen wir Ihnen anhand einer Sage von den allerersten Anfängen der Stadt, was Sie in etwa bei unseren Führungen erwartet. Erzählt wird die Sage bei unserer Nachtwanderung.

Stuttgarter Geister - Die falsche Klinge | Eine Sage aus Stuttgart

Klingen sind enge, tief eingeschnittene Täler. Sie entstehen, wenn sich ein Bach in weichen Untergrund einschneidet. Da der Stuttgarter Boden hauptsächlich aus weichem Gestein wie Mergel und Sandstein, sowie aus Ton besteht, gibt es hier unzählige solcher Kerbtäler. Eines davon ist die vom Tiefenbach geformte Falsche Klinge im Buchwald, die sich nach Osten Richtung Rohracker öffnet.

Ihren Namen erhielt die Falsche Klinge von einer grausigen Begebenheit im Jahr 953, als Stuttgart noch ein Gestüt war. Der Gründer des „Stutengartens“, Herzog Luitolf von Schwaben, war der älteste Sohn von König Otto I. Dies hinderte den Herzog jedoch nicht, gegen den König, sprich seinen Vater, einen Aufstand zu wagen, da er seinen Einfluss bei Hofe und damit sein Thronerbe schwinden sah. Es entwickelte sich eine teils kriegerische Fehde, bei der Luitolf letztlich unterlag.

Bei dieser Fehde zog Ottos Heer mordend und brandschatzend durch Schwaben. Nachdem die königlichen Soldaten auch im Neckartal ihr Unwesen trieben und man im Stutengarten in der Ferne bereits die Feuer sah, war es höchste Zeit, sich und die wertvollen Pferde vor der drohenden Gefahr in Sicherheit zu bringen. Die Verwalter und Knechte packten das Nötigste zusammen und trieben die Tiere so schnell sie konnten in den hinteren Teil der Falschen Klinge, wo sie besonders tief und eng ist.

Während die Pferde, dicht gedrängt, ihre Unruhe kaum zügeln konnten, verbarrikadierten die Männer die Talöffnung viele Meter hoch mit Holz und Blattwerk, so dass es wie ein riesiges, undurchdringliches Gebüsch aussah. Gerade flochten sie die letzten Äste in ihr Bollwerk, da verfinsterte sich der Himmel bedrohlich. Gespenstische Stille legte sich über das Tal. Auf einmal brach ein furchtbares Gewitter los. Blitze zuckten über den tiefschwarzen Himmel, so hell, dass sie sich in die Augen brannten. Gewaltige Donnerschläge zerrissen die Stille.

Panisch versuchten die Pferde, aus der engen Klinge zu flüchten. Dabei trampelten sie alles nieder was ihnen im Weg stand, doch entkommen konnten sie nicht. Nachdem dann sintflutartiger Regen einsetzte, strömten unglaubliche Wassermassen die Hänge herunter. Durch den Schutzwall konnte das Wasser nicht abfließen und flutete regelrecht die Schlucht. Menschen und Tiere waren eingeschlossen. Jeder versuchte die Hänge hinauf zu klettern, doch der Regen spülte sie jedes mal zurück in die Klinge.

Alle ertranken qualvoll – außer einem jungen Burschen, der nur entkam, indem er über die Ertrinkenden kletterte. Während er sich mühevoll an den rutschigen Ästen des Bollwerks hochhangelte, griff die Hand seines ertrinkenden Bruders nach seinem Fuß. Da er sich jedoch selbst kaum halten konnte, trat er mit dem anderen Fuß so lange nach der umklammernden Hand, bis sie losließ.

Von dieser Tragödie war der Jüngling den Rest seines Lebens gezeichnet. Nachdem er starb, soll er immer wieder in die Klinge zurückgekehrt sein. Schon kurz nach seinem Tod kam eine sonderbare Gestalt zu einem Mann, der in der Falschen Klinge Holz schlug, und warnte ihn vor einem gewaltigen Wolkenbruch. Über die Jahrhunderte gab es regelmäßig Berichte, dass Menschen, die vor einem schweren Unwetter in der Falschen Klinge waren, rechtzeitig von dem guten Geist gewarnt worden seien.